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Museumsrundgang

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Interview Helge Noack, Leitung Hölderlin-Museum

An Zimmern

Die Linien des Lebens sind verschieden,
Wie Wege sind, und wie der Berge Grenzen.
Was hier wir sind, kann dort ein Gott ergänzen
Mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden.

An Zimmern, gesprochen von Udo Rau

Der Spaziergang

Ihr Wälder schön an der Seite,
Am grünen Abhang gemalt,
Wo ich umher mich leite,
Durch süße Ruhe bezahlt
Für jeden Stachel im Herzen,
Wenn dunkel mir ist der Sinn,
Den Kunst und Sinnen hat Schmerzen
Gekostet von Anbeginn.
Ihr lieblichen Bilder im Thale,
Zum Beispiel Gärten und Baum,
Und dann der Steg, der schmale,
Der Bach zu sehen kaum,
Wie schön aus heiterer Ferne
Glänzt Einem das herrliche Bild
Der Landschaft, die ich gerne
Besuch’ in Witterung mild.
Die Gottheit freundlich geleitet
Uns erstlich mit Blau,
Hernach mit Wolken bereitet,
Gebildet wölbig und grau,
Mit sengenden Blizen und Rollen
Des Donners, mit Reiz des Gefilds,
Mit Schönheit, die gequollen
Vom Quell ursprünglichen Bilds.

Der Spaziergang, interpretiert von Bernhard Mohl

Interview Helge Noack, Leitung Hölderlin-Museum

Interview Ana Munte, Freiwillige Mitarbeiterin Hölderlin-Museum

Der Frühling

Der Mensch vergißt die Sorgen aus dem Geiste,
Der Frühling aber blüht, und prächtig ist das meiste,
Das grüne Feld ist herrlich ausgebreitet,
Da glänzend schön der Bach hinuntergleitet.

Die Berge stehn bedecket mit den Bäumen,
Und herrlich ist die Luft in offnen Räumen,
Das weite Tal ist in der Welt gedehnet
Und Turm und Haus an Hügeln angelehnet.

Mit Untertänigkeit — Scardanelli

Der Sommer

Die Tage gehn vorbei mit sanfter Lüfte Rauschen,
Wenn mit der Wolke sie der Felder Pracht vertauschen,
Des Tales Ende trifft der Berge Dämmerungen,
Dort, wo des Stromes Wellen sich hinabgeschlungen.

Der Wälder Schatten sieht umhergebreitet,
Wo auch der Bach entfernt hinuntergleitet,
Und sichtbar ist der Ferne Bild in Stunden,
Wenn sich der Mensch zu diesem Sinn gefunden.

d. 24 Mai 1758. Scardanelli.

Der Herbst

Das Glänzen der Natur ist höheres Erscheinen,
Wo sich der Tag mit vielen Freuden endet,
Es ist das Jahr, das sich mit Pracht vollendet,
Wo Früchte sich mit frohem Glanz vereinen.

Das Erdenrund ist so geschmückt, und selten lärmet
Der Schall durchs offne Feld, die Sonne wärmet
Den Tag des Herbstes mild, die Felder stehen
Als eine Aussicht weit, die Lüfte wehen

Die Zweig und Äste durch mit frohem Rauschen,
Wenn schon mit Leere sich die Felder dann vertauschen,
Der ganze Sinn des hellen Bildes lebet
Als wie ein Bild, das goldne Pracht umschwebet.

d. 15ten Nov. 1759.



Der Herbst, gesprochen von Udo Rau

Der Winter

Das Feld ist kahl, auf ferner Höhe glänzet
Der blaue Himmel nur, und wie die Pfade gehen,
Erscheinet die Natur, als Einerlei, das Wehen
Ist frisch, und die Natur von Helle nur umkränzet.

Der Erde Stund ist sichtbar von dem Himmel
Den ganzen Tag, in heller Nacht umgeben,
Wenn hoch erscheint von Sternen das Gewimmel,
Und geistiger das weit gedehnte Leben.

Interview mit Dr. Thomas Schmidt zum Umbau des Hölderlin-Museums 2017/2018

Herr Schmidt, was ist das Ziel der Umgestaltung des Turms?
Das Ziel ist, dass wir einen der wichtigsten literarischen Erinnerungsorte Europas zukunftsfähig machen. Also so gestalten, dass er sehr gute Chancen hat weiterhin im kollektiven Gedächtnis zu bleiben, dass er ein Leuchtturm in der kulturellen Topographie Tübingens bleibt und vielleicht sogar viel stärker wird. Außerdem soll die Umgestaltung neue Maßstäbe in der Gestaltung authentischer Orte setzen. Der Hölderlinturm ist genauso authentisch wie unauthentisch. Es ist nicht der Ort an dem Hölderlin gelebt hat, weil der Turm in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts abgebrannt ist. Das war mehr als drei Jahrzehnte nach Hölderlins Tod. Und mit dieser Herausforderung müssen wir arbeiten. Außerdem muss man dabei bedenken, der Turm ist Anfang der 80er Jahre so gestaltet worden, wie er jetzt aussieht. In dieser Zeit ist was den Medieneinsatz, aber auch Museumsdidaktik angeht ungemein viel passiert.

Wie kann man sich den Hölderlinturm nach dem Umbau vorstellen?
Wenn sie jetzt in den Hölderlinturm hineinkommen, dann sehen sie einen Fußboden, der mit Hölderlins Zeiten nichts zu tun hat. Im Turm mussten, als im 18. Jahrhundert die ersten Öfen eingebaut wurden, Sandsteinplatten verlegt werden. Solche Sandsteinplatten sind oben in der zweiten Etage noch vorhanden. Sie sind allerdings aus dem 19. Jahrhundert. Da Hölderlin die Gänge im Haus oft abgeschritten ist, werden wir diesen Gang inszenieren. Wir werden wieder Sandsteinplatten verlegen, die beleuchtet werden. Die Beleuchtung von oben wird verschwinden, sodass eine sehr atmosphärische Eingangssituation entsteht. Bis jetzt könnte man meinen, der eigentliche Eingang des Hölderlinturms sei der Dienstboteneingang. Wenn man den Turm betritt, schaut man einen langen Gang entlang, rechts sitzt jemand auf einem kleinen Podest. Das wollen wir ändern. Bedeutende Orte wie diese brauchen eine Eingangssituation, die auch Routinen bedient. Der Raum auf der linken Seite wird zum Kassenbereich und zum Shop. Der Raum auf der rechten Seite die Garderobe. Im Erdgeschoss werden wir auf die Hausgeschichte eingehen und auf den immens solidarischen Akt, dass der Handwerker Ernst Zimmer einen kranken Dichter bei sich aufnimmt. Wir wollen auch Familie Zimmer ein Denkmal setzten. Die Hausgeschichte wird auf sehr pointierte Weise hervorgehoben. Unter den Holzdielen sind noch die Wannen, die im 19. Jahrhundert eingesetzt wurden - Steinwannen. Denn nach Hölderlins Tod und dem Auszug von Lotte Zimmer wurde der Turm zu einem Bad. Es gibt die Geschichte, dass der Turm deshalb abgebrannt ist, weil ein Tübinger Badbesitzer, der allerdings nur die Möglichkeit des Kaltbadens angeboten hat, den Hölderlinturm, weil man hier Warmbaden konnte aus Konkurrenzgründen abgefackelt hätte. Die Wannen werden freigelegt und mit Glas überblendet. Die Wannen sind das Motiv um den Hölderlinturm als authentischen - nicht-authentischen Ort zu thematisieren. Die Ausstellung in der oberen Etage wird den schlichten Titel Hölderlin in Tübingen tragen. Diese schlichte Formel werden wir ernst nehmen - nämlich Hölderlin in Tübingen als zweierlei. Zum einen Hölderlin im Stift. Damit ist die gesamte bildungsgeschichtliche Bedeutung des Tübinger Stifts, vor allem für Württemberg, aber auch für die deutsche Kulturgeschichte insgesamt miteinbegriffen. Zum anderen beutetet Hölderlin in Tübingen natürlich auch Hölderlin im Turm. Diese Zeit werden die ersten beiden Räume in der oberen Etage thematisieren. Wie diese Räume genau aussehen, wird sich noch zeigen, es gibt aber schon einige Ideen. Das größte Problem dabei ist, dass die wichtigsten Werke, die Hölderlin geschrieben hat, nicht in Tübingen entstanden sind. Das Turmzimmer ist natürlich der sensibelste Raum. Hier kann man eigentlich nur alles falsch machen. Macht man ihn zu einem Raum purere Verehrung oder emotionalisiert man ihn durch pure Schlichtheit oder ignoriert man seine Funktion gezielt und macht ihn zum einfachen Leseraum? Da haben wir viele Ideen, die ich jetzt noch nicht verraten kann.

Planen Sie Umbauten, die sich wieder mehr dem Turm zu Hölderlins Lebzeiten annähern?
Nach Hölderlins Tod 1843 wurde mehrfach in die Raumstruktur eingegriffen. Also wurde nicht nur der Turm neu gebaut, sondern auch die Raumstrukturen haben sich geändert. Nicht zuletzt bei der letzten Umgestaltung 1984. Es ist eine Illusion und erinnerungsgeschichtlich auch nicht angemessen jetzt einen Rückbau zu betreiben. Denn als literarische oder kulturelle Denkmalschützer müssen wir zwar immer auf die Bausubstanz setzen, aber letztlich immer etwas immateriellen mit materiellen Mitteln inszenieren.

Welche Vorstellungen haben Sie bezüglich des Medieneinsatzes?
Zwischen dem letzten Umbau in den 80er Jahren, ist was den Medieneinsatz aber auch die Museumsdidaktik angeht, ungemein viel passiert. Wir wollen sicher auch die medialen Möglichkeiten von 3D-Animationen und augmented reality in Betracht ziehen und ausprobieren ob sie hier taugen. Aber solche Personenerinnerungsorte wie diese sind hochsensibel. Hier darf man gerade den Einsatz von Medien nicht überziehen, in Literaturmuseen ohnehin nicht, weil Literaturmuseen selbst historische Medienmuseen sind. Es wird kleinere bauliche Eingriffe geben, es werden Wandausschnitte vergrößert, es werden historische oder zumindest angeähnelte Durchgänge geschaffen werden. Und wir werden ein wenig mit dem doppelten Hölderlinzimmer spielen. Zwar ist das Hölderlinzimmer, das man heute kennt, nur von den GPS-Daten her, das Zimmer Hölderlins. Genau obern drüber haben wir das gleiche Zimmer nochmal, was man bisher so nicht kannte, weil die Etage oben drüber bis noch vor wenigen Jahren bewohnt war und jetzt freigezogen ist. Das “neue” Zimmer wird nun mit in die Ausstellung eingebunden. Hier können wir wieder mit der Authentizität oder der Anmutung der Authentizität spielen.

Was sollen die Besucher über den Menschen Hölderlin erfahren?
In der Tradition des Dichterhauses zeigt man dort die Möbel des Dichters. Das funktioniert so lange wie ein Ort ein Ort des passiven Gedenkens ist, wo man sozusagen vermeintlich echte Lebensumwelten schafft um eben diesem, einstmals dort Lebenden zu gedenken. Dieser Ort hat ein eigenes Grundnarrativ was unglaublich stark, unglaublich verlockend und zugleich fatal ist. Nämlich das Leben des kranken, des verrückten Dichters im Turm am Fluss. Fatalerweise verkauft das aber Dichtung oder Kreativität mit Wahnsinn, was wir natürlich vermeiden wollen. Glücklicherweise gibt es diesen kleinen Tisch. “Es ist der Tisch, auf den der Dichter Hölderlin schlug, wenn er Streit hatte mit seinen Gedanken.” So ist es von Lotte Zimmer überliefert. Streit mit seinen Gedanken ist eine Form der Auseinandersetzung mit sich selbst. Man mag das Wahnsinn nennen oder wie auch immer. Das ist das eine was an den Tisch gebunden ist, also eine Möglichkeit Hölderlins Verhältnis zur Welt jenseits von pathologischen Mustern zu inszenieren. Das zweite was an den Tisch gebunden ist ist, dass überliefert ist, dass Hölderlin im Turm, wenn er Gedichte für Besucher aufgeschrieben hat, immer mit der linken Hand auf diesen Tisch skandiert hat. Damit sind wir auf einmal bei der Dichtung selbst - nämlich bei der Metrik, beim Rhythmus. Hölderlin war unter den deutschen Dichtern der Zeit, aber auch weit darüber hinaus derjenige, der die Grenzen der rhythmischen und melodischen Möglichkeiten an der Sprache bis an die äußersten Grenzen getrieben hat. Mit der Verknüpfung zwischen Streit mit seinen Gedanken haben und dem starken Narrativ im Turm mit Hölderlins Leistung für die deutsche Sprache wollen wir im Haus Akzente setzten. Das Metrum, der Rhythmus der Sprache wir die durch die ganze Ausstellung ziehen. Wir planen zum Beispiel ein Metriklabor um den Rhythmus durch haptische und audiovisuelle Impulse interaktiv wahrnehmbar zu machen

— Dr. Thomas Schmidt ist Leiter der Arbeitsstelle für literarische Museen. Die Neukonzeption von verschiedenen Museen u.a. dem Schiller-Geburtshaus, dem Hegelhaus, dem Haus von Hans Junger und dem erste Wohnhaus von Hermann Hesse, sind unter seiner Leitung entstanden.

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Erdgeschoss — Zimmer

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Erdgeschoss — Alte Werkstatt

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Erdgeschoss — Zimmer

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1. Obergeschoss — Turmzimmer / Hölderlins Zimmer